Stadtrat Hofer stellte folgenden Fragen an die Verwaltung:

 

Stimmt die Information, dass

 

1)   …neuere Techniken wie LTE oder  UMTS  eine über fünfzig Mal höhere Daten-Übertragungsrate aufweisen als die jetzt zu installierende TETRA Technik? 

2)   in dieser Technik jeder Handy-Anruf sich erst bei der nächsten Relaisstation einloggen muss ( in KE stehen zwei solcher Masten: einer auf dem Mariaberg und einer in Letten), was im Notfall bis zu drei Minuten dauern kann?

3)   …deshalb nicht nur in der Erprobungs- und Übergangs- sondern auch während des "Normalbetriebszeit" die Digitaltechnik weiterhin als Zweit/ = Rückfalltechnik weiterbetrieben werden muss?

4)   …die Bergwacht aus diesen und anderen Gründen an der Installierung der TETRA-Technik gar nicht teilnimmt?

5)   …diese Technik in Gebäuden (Klinikum, Tiefgaragen ....) schlecht bis oft gar nicht funktioniert, so dass dort teure Repeater eingebaut werden müssen, die im Brandfall aber dann evtl. nicht funktionieren?

6)   …in Deutschland bisher kein Großversuch (über Länder- resp. Staatsgrenzen hinweg) durchgeführt wurde?

 

Amtsleiter Michael Fackler trug zu den gestellten Fragen folgendes vor:

 

Zu 1): Die Bedürfnisse der BOS im Einsatz unterscheiden sich von den modernen Funktionen herkömmlicher Mobilfunknetze und -geräte deutlich. So ist die Übertragung großer Datenmengen wie beispielsweise über das Internet nicht erforderlich. Umso höher sind jedoch die Anforderungen an Ausfallsicherheit, Kooperation unterschiedlicher Einsatzkräfte, Notruffunktion, Abhörsicherheit u. a..
Die derzeitige Datenübertragungsrate von TETRA ist zwar geringer als im kommerziellen Mobilfunk (z.B. UMTS oder LTE) – sie erfüllt jedoch die von den BOS definierten operativ-einsatztaktischen Anforderungen einer breitbandigen Sprach- sowie einer schmalbandigen Datenübertragung in vollem Maß und ermöglicht beispielsweise die Fahrzeughalterabfrage bei einer zentralen Datenbank.

 

Zu 2): Digitale Funknetze bestehen aus einzelnen Funkzellen, in der sich jeweils eine Sende- und Empfangsanlage, die sog. Basisstation, befindet. Allen Basisstationen ist gemein, dass sie kontinuierlich über den sog. Organisationskanal ein Signal aussenden. Über dieses Signal können sich alle Endgeräte, die in dieser Zelle verwendet werden, einbuchen und bei Fortbewegung oder Zellwechsel Verbindung zur Basisstation halten. Darin unterscheidet sich der Funkstandard TETRA des BOS-Digitalfunks nicht von den Mobilfunkstandards GSM, UMTS und LTE. Es trifft zu, dass es beim Verbindungsaufbau für einen Funkspruch zu kurzzeitigen Verzögerungen im Sekundenbereich kommen kann.
Für den Notfall sind sämtliche Endgeräte mit einem Notrufkopf versehen. Beim Drücken dieses Knopfes wird ein Ruf mit höchster Priorität abgesetzt. Abhängig von der durch die jeweilige BOS festgelegten Adressierung geht der Notruf entweder in die nächste Leitstelle oder/und in die aktive Gruppe. Alle anderen Gespräche der Gruppe werden in diesem Fall sofort unterbrochen, d. h. sämtliche Teilnehmer dieser Gruppe hören dann, was im Umfeld des Notrufs vor sich geht. Zusätzlich werden die GPS-Daten des zuletzt bekannten Standortes des Notruf-Absenders bzw. des Funkgerätes übertragen. Dies kann Unterstützungs- und Rettungsmaßnahmen entscheidend erleichtern und beschleunigen.

 

Zu 3): Wir gehen davon aus, dass hier der Analogfunk als Rückfallebene gemeint ist.

Ob und ggf. wie lange der analoge Funk vorgehalten werden muss, hängt wesentlich davon ab, ob sich alle BOS am Digitalfunk beteiligen und ob sie dabei als Erstteilnehmer auftreten. Der Analogfunk muss zumindest bis zum erfolgreich beendeten erweiterten Probebetrieb betrieben werden. Erst mit Eintritt in den Wirkbetrieb kann er sukzessive zurückgebaut werden. Die Bayerische Polizei kann frühestens mit der Ablösung des Analogfunks beginnen, wenn alle Polizeipräsidien den Digitalfunk im Regelbetrieb nutzen. Es muss darüber hinaus sichergestellt sein, dass eine Kommunikation mit noch  nicht den Digitalfunk nutzenden Fremdkräften ermöglicht wird.

Im nichtpolizeilichen Bereich liegt die Abschaltung des Analogfunks und die vollständige Ablösung durch den BOS-Digitalfunk  in der Entscheidung der regionalen Sicherheitsbehörden, für die Feuerwehren und den Katastrophenschutz bei den Landratsämtern, sofern die Entscheidungsbefugnis nicht im Einzelfall auf den Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) übertragen wurde, für den Rettungsdienst beim ZRF.

Sofern sich die nichtpolizeilichen BOS in einem Landkreis für eine weitere Verwendung des Analogfunks entscheiden oder ihre Entscheidung auf einen späteren Zeitpunkt verschieben möchten, müssen in diesem örtlich begrenzten Bereich weiterhin analoge Sendeanlagen betrieben werden, auch wenn dort BOS-Basisstationen vorhanden sind und/oder umliegende BOS-Basisstationen dieses Gebiet digital mit abdecken. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass bei einem überörtlichen Einsatz genügend analoge bzw. digitale Endgeräte vorhanden sind, um mit den jeweils im anderen Funksystem funkenden BOS kommunizieren zu können.

 

Zu 4): Die Bergwacht ist entgegen anderslautender Medienberichte erklärter Erstteilnehmer des BOS-Digitalfunks. Dies bekräftigte der Geschäftsführer der Bergwacht Bayern, Herr Gerhard Opperer, bereits Anfang Juli 2011: „Durch den Freistaat Bayern wird ein enormer Aufwand betrieben, unsere Einsatzgebiete so leistungsstark auszuleuchten, dass wir fast flächendeckend mit digitalen Handfunkgeräten arbeiten können.“
Arbeiten an Gleichwellenfunknetz der Bergwacht dienen lediglich der Überbrückung bis zur Ablöse durch den Digitalfunk.

 

Zu 5): Je nach Art und Beschaffenheit eines Gebäudes (z.B. Stahlbeton, Metallfassade) ist die Funkversorgung im Inneren nur zum Teil möglich. Bereits für den Analogfunk sind in vielen dieser Gebäude Objektfunkanlagen installiert.
Welche Gebäude künftig mit Objektfunkanlagen ausgestattet werden müssen bzw. welche bestehenden Analogfunk-Anlagen umgerüstet werden müssen, kann erst dann geprüft werden, wenn der jeweilige Netzabschnitt mit Digitalfunk versorgt ist. Erst dann kann festgestellt werden, ob ein Gebäude bereits durch die Freifeldstationen mitversorgt wird oder eine zusätzliche Objektversorgung notwendig ist.

 

Zu 6): Der G7-Gipfel 2015 in Elmau stellte den BOS-Digitalfunk vor seine bislang größte Herausforderung. Dank des robusten und leistungsfähigen TETRA-Funkstandards hat er sich auch unter Volllast und bei Unwetter mit Gewitter und Starkregen – wie schon bei Orkantief „Niklas“ Ende März 2015 – hervorragend bewährt.
Zu Spitzenzeiten waren beim G7-Gipfel fast 18.000 Endgeräte im Einsatz; an einer Basisstation mitunter bis zu 7.500 Endgeräte zeitgleich. Damit setzte der Einsatz europaweit Maßstäbe, vergleicht man ihn mit dem bisher größten Digitalfunk-Einsatz bei der Olympiade 2012 in London.