Sitzung: 23.10.2023 2023/GB/050
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 5, Nein: 0, Anwesend: 5
Vorlage: 2023/61/331
Gutachten:
Das Hanggrundstück zwischen
„Tiefenbacher Straße“ und „Auf der Ludwigshöhe“ ist Teil des
Quartiers/Stadtteils Ludwigshöhe soll für eine Wohnbebauung entwickelt werden.
Die südliche bauliche Nachbarschaft wurde gemäß einem Bebauungsplan in
gestaffelter und an den Geländeverlauf angepasster Form als Reihenhausanlage
errichtet.
Im nördlichen Anschlussbereich zur
Bestandsiedlung soll nunmehr eine weitere Wohnanlage errichtet werden.
Die Planstudie bezieht sich auf einen
abgegrenzten Planungsbereich, der im nördlichen Bereich um eine Fläche von
1.230 m2 erweitert werden soll. Diese Grundstücksfläche steht im Eigentum der
Stadt Kempten.
Die Anordnung und Gestaltung der
Baukörper zeigt eine grundsätzliche ortsbauliche Qualität und Folgerichtigkeit.
Das Konzept bedingt allerdings eine Änderung des bestehenden und
rechtskräftigen Bebauungsplanes. Die vorgeschlagene bauliche Dichte kann als
verträglich bezeichnet werden, ebenso wie die Geschoßigkeit, die jedoch im
unteren Hangbereich als grenzwertig einzustufen ist. Die Art und Weise der
Erschließung, insbesonders der Anordnung der Tiefgaragen und deren Zufahrten
zeigt jedoch die grundsätzliche Problematik des Konzeptes. Die Gesamtkonzeption
geht zu wenig auf die sehr anspruchsvolle und komplexe topografische Situation
ein. Es entsteht eher der Eindruck, die Bebauung richtet sich gegen die
besonderen Gegebenheiten der Hangtopografie. Eine Bebauung, die sich dem Hang
„anvertraut“ ist eher nicht zu erkennen. Insbesonders betrifft dies den Umgang
mit der sehr steilen und hohen Böschung an der Tiefenbacher Straße, die im Zuge
des Straßenbaus entstanden sein dürfte. Die vielen Einschnitte (Zufahrten zur
TG) und Aufgänge greifen stark in die naturräumliche Situation ein. Diese
topografische Komponente ist aber im landschaftlichen Gesamtkontext sehr
bedeutsam. Dieser untere Hangbereich soll eine Fortsetzung des nördlich
ankommenden Grünstreifens sein und sollte daher von jeder baulichen
Intervention freigehalten werden. Somit wird deutlich, das vorliegende Konzept
ist in einem größeren Landschafts- und Siedlungsbezug zu setzen.
Nördlich schließt eine Fläche an, die
im Eigentum der Stadt Kempten steht und im Flächennutzungsplan als
Wohnbaufläche ausgewiesen ist. Die Erweiterung des städtebaulichen
Betrachtungsraumes unter Einbezug wichtiger landschaftsgestalterischer Sichtweisen
ermöglicht einen gänzlich anderen Ansatz. Die Landschaftszelle kann in einen
streifenartigen Freibereich (Grünzug) und in einen mittig liegenden, in
Nord-Süd-Richtung verlaufenden Baubereich, gegliedert werden. Im oberen
Anschlussbereich bilden bestehende Hochstammgruppen die räumliche Fassung.
Der zu bebauende Bereich erhält dadurch
eine neue Form und erfordert neue Denkansätze für die Art und Weise der
Erschließung. Eine Lösung im Zusammenhang mit den bestehenden Garagen an der
Südseite könnte einer dieser neuen Ansätze sein, wenn sich ein Fenster für die
Machbarkeit öffnen würde.
Auch eine Erschließung von der oberen
Süd-Ost-Ecke könnte angedacht werden oder evtl. auch die Verwendung des im
Bebauungsplan als Straße 3 benannten Erschließungsastes.
Mit unterschiedlichen Wohn- und
Gebäudetypologien kann auf die besondere Lage und Topografie reagiert werden.
Der Bebauungsbereich würde näher an die Bahnlinie rücken, diese müsste als
Emissionsträger bei einer Planung berücksichtigt werden.
Bestehende Nutzungsvorgaben, wie ein
hochwertiges Fuß- und Radwegenetz und z.B. auch die Nutzung im Winter als
Rodelhügel sind in die Überlegungen natürlich gleichberechtigt
miteinzubeziehen.
Dieser grundsätzlich und weit über den
gegenständlichen Planungsperimeter hinausgehende neue Betrachtungsraum
erfordert ein stadtpolitisches Übereinkommen, ist aber im Sinne einer
hochwertigen Stadtentwicklung dringend zu empfehlen.
In einem gemeinsamen Prozess zwischen
BSG-Allgäu und Stadt Kempten sollten die Rahmenbedingungen für eine Änderung
des Bebauungsplanes erarbeitet werden. Dies sind dann Grundlage für die weitere
Projektentwicklung.
Für die Projektumsetzung ist unbedingt
ein Optimierungsverfahren in Form eines Architektur- und
Landschaftsgestaltungswettbewerb oder eine Mehrfachbeauftragung anzustreben.
Das Thema lässt einige qualitätsvolle Lösungen zu, die beste Lösung sollte
gefunden werden. Die Aufgabenstellung ist der geradezu klassische Fall für eine
derartige Vorgangsweise.
Das Quartier Ludwigshöhe zeigt eine hochwertige
städtebauliche Struktur und ist in seiner Lagequalität einzigartig in Kempten.
Die jetzt anstehende abschließende städtebauliche Entwicklung erfordert eine
angepasste Vorgangsweise und einen sorgfältig geplanten Prozess aller
beteiligten Institutionen und Akteuren.